Das Schwert: Nicht das, was du vielleicht denkst

Gewiss, es sieht martialisch aus, das Samurai-Schwert. Jedenfalls wenn es sich nicht in der Scheide befindet. Tatsächlich ist die Katana eine Waffe, die ursprünglich zum Töten hergestellt wurde. Doch mit Herz und Achtsamkeit geführt, wird sie zum Werkzeug der Liebe. Es ist eben nicht, was es vermeintlich ist, sondern was wir daraus machen.

Auch wenn dein Übepartner zwei Meter entfernt steht, kann er deine Energie spüren, wenn du beim Schnitt dein Bewusstsein in der Spitze deines Schwertes fokussierst. Deine Intention ist nicht, ihn zu erstechen oder zu durchschneiden, sondern ihn mit deinem Licht und deiner Liebe zu berühren, vielleicht von ihm symbolisch abschneiden, was ihn von sich trennt – oder von dir abschneiden, was dich von dir trennt. Was euch beide trennt.

So hat der Schnitt etwas Verbindendes. Genauso gut können wir damit das jeweils Unangemessene vom Angemessenen, das Lieblose vom Liebevollen, das Lebensfeindliche vom Lebendigen trennen. Unterscheiden, Entscheiden, den individuell stimmigen Weg gehen.

Schliesslich ist es wie immer unsere Intention bzw. Intuition, die den Unterschied ausmacht und die Richtung vorgibt. So verdeutlicht die Art und Weise, wie wir das Schwert führen, unsere innere Haltung, den Umgang mit unserer Lebensenergie, mit dem Leben, das uns anvertraut ist. Selten ist uns bewusst, dass wir die Energie im und durch den Körper geistig lenken und damit grosse Wirkung erzielen können. Tun wir das mit Herz und Bauch, bringen wir unsere innere Wahrheit mit Präsenz und Mitgefühl in die Welt und gestalten unsere Wirklichkeit aktiv.

Ganz in Langsamkeit und der Qualität des Herzens geführt, fühlt sich selbst die Spitze des Metallschwertes für den Partner sanft an. Das absichtslose Üben in Achtsamkeit ist kein Kampf und Kräftemessen, sondern eine erweiternde Begegnung in kraftvoller Weichheit, Klarheit und gegenseitiger Zuneigung.

Sobald jedoch Wollen, Können oder sich Beweisen ins Spiel kommen, wird der Kontakt spürbar ärmer, die Bewegung härter, der Zauber verfliegt.

Ich bin sehr dankbar, die initiatische Schwertarbeit auf meine Weise immer tiefer zu verinnerlichen und die Gelegenheit zu haben, sie an Menschen weiterzugeben, die ebenfalls den wahrhaftigen Kontakt mit sich selbst und der Welt wollen. Dass das Werkzeug eine (stumpf geschliffene) Waffe ist, fügt ein Quantum Ernst und Schärfe hinzu. Das kann für inneres Wachstum gut gebraucht werden.