Was ist wesentlich?

Quarantaine bedeutet im Französischen «ungefähr 40» Tage. Im Christentum steht diese Zahl für Rückzug, etwa im 40-tägigen Fasten zwischen Karneval und Ostern. Das wiederum geht auf Jesus’ ebensolangen Rückzug in die Wüste zurück – Fasten-Retreat für die innere Ausrichtung auf seine Mission. Entsprechend lassen sich die aktuellen Beschränkungen ebenso wie eine medizinisch angezeigte Quarantäne auch dafür nutzen, den vielfältigen Ablenkungen auf die Spur zu kommen, mit denen wir uns immer wieder von uns selbst trennen, statt aus unserer Mitte heraus zu handeln und zu sein. 

Konsum, Arbeit, Sport, Unterhaltung, Unternehmungen, Shopping, Ernährung, Information, Aktivität, Passivität – was zum Leben dazugehört, dient nicht selten auch als Ersatz für etwas Wesentliches in uns selbst, das nach Erfüllung ruft. Wird es mit Surrogaten der Aussenwelt abgefunden, ruft es lauter, und das Rad der Kompensation dreht sich noch schneller.

Aktuell kommt dieses Rad ins Stocken. Liebgewordene Gewohnheiten zerschellen am «Social Distancing». Wir vermissen, was uns die ganze Zeit als selbstverständlich galt, und das macht uns dessen Wert umso deutlicher. Eine große Chance liegt zudem darin, dass wir uns in einer Art Zwangsmeditation darauf besinnen können, inwiefern unser Handeln für uns stimmt und wo es uns vom Essenziellen wegführt. Das Hamsterrad dreht sich nicht nur auf der Arbeit.

Wo immer möglich und auch wenn es aufgrund der familiären Situation schwierig sein mag, braucht es Zeiten des Alleinseins. Dann können wir besser sehen, was für uns wesentlich ist und welche Dinge wichtig – oder nicht so wichtig sind, obwohl uns andere das  weismachen wollen. Wir entscheiden, wie wir uns ausrichten und wie wir uns auch auf längere Sicht selbstbestimmt den Versuchungen der Leistungs- und Wohlstandsgesellschaft gegenüber verhalten. Wir richten unser Leben schlichter, lebendiger und stimmiger ein. So gehen wir gestärkt und gewachsen aus dieser Krise hervor.

Lieber echt als recht.

  • Welche deiner gewohnten Ablenkungen vom Wesentlichen fallen aktuell weitgehend weg?
  • Welche neuen Ablenkungen gibt es gerade jetzt?
  • Was ergibt für dich aktuell einen neuen Sinn?
  • Was erscheint dir weitgehend sinnlos?
  • Was wirst du wie verändern?
  • Wie stellst du sicher, dass du auch nach der Krise dran bleibst?