Ohne Trennen kein Verbinden

Alles Leben ist Rhythmus. Pulsation zwischen Positiv und Negativ, Aktiv und Passiv, Yang und Yin, Gemeinsam und Alleine. Das Dasein in vielfältigen Gegensätzen hält lebendig und macht die Welt in und um uns erfahrbar.

Essenziell ist das Gegensatzpaar Trennen und Verbinden. In seinem Erleben trennt sich der Mensch qua Geburt aus dem Geborgensein im grossen Ganzen und wählt für seine Existenz im Fleische das Alleinsein als physisches Individuum.

Besonders wenn die Verbindung zum grossen Ganzen in Vergessenheit geraten ist, spüren wir die Sehnsucht, uns mit anderen zu verbinden. Zugleich trennen wir uns immer wieder, wenn auch nicht unbedingt freiwilig – von der Familie, von Partnern, Jobs, Gegenständen, Überzeugungen, um uns aufs Neue zu verbinden.

Fragwürdig ist, dem Verbundensein einen höheren Wert als der Trennung zuzuweisen. Gerade in Liebesbeziehungen pflegt mancher die Gemeinsamkeit im Übermass, wenn es darauf hinausläuft, dass es fast nur noch die Zweiheit gibt und kaum Raum für das Eigene bleibt. Der Rhythmus fehlt; keine kreativen Pausen, in denen sich das Paarleben erfrischen kann. Doch der Einzelne braucht die Gemeinschaft, die Gemeinschaft braucht den Einzelnen, und zwar im individuellen Mass.

Die Gegensätze von Trennen und Verbinden waren schon den alten Alchimisten heilig: trennen, auflösen und reinigen, um dann wieder zu vereinigen und so zu einem neuen, höheren Bewusstsein zu finden, das dunkle Anteile integriert hat. Eines bedingt eben das andere: Neu verbinden kann sich nur, wer sich auf die eine oder andere Art trennt. Erst wer sich nötigenfalls abgrenzen kann, findet in sich das Vertrauen, um verbindende Nähe zuzulassen. Erst wer seine Grenzen kennt und wahren kann, vermag sie bewusst auszudehnen oder aufzulösen.

Wer in der Illusion lebt, keine Grenzen zu haben oder zu brauchen, merkt meist zu spät, dass ein Nein oder Stop nötig gewesen wäre. Die Folgen: heftiges Überreagieren, Schuldzuweisungen, Frustration und nicht selten Trennung auf eine Art, die die Verbindung zerstört. Dagegen führt das scheinbar trennende Setzen von Grenzen zu tieferer Verbindung; beide kennen die roten Linien des anderen kennen und können sich daran halten. Und immer wieder neu ausloten.

  • Wie pflegst du deine Individualität – innerhalb und ausserhalb einer Beziehung?
  • Wie stimmig sind deine Rhythmen, wovon gibt es zu viel, wovon zu wenig?
  • Verbundenheit mit dem grossen Ganzen und die individuelle Existenz im physischen Körper – kannst du beides geniessen?
  • Wie gut kannst du Grenzen setzen und deinen Raum nehmen?

Das Seminar «Stimmige Grenzen setzen» in der Arbeit mit dem Schwert findet wieder am 17. Oktober 2021 in Winterthur statt..